Dienstag, 25. August 2009

Die Zutaten für eine optimale Versorgung

In der Chirurgie sind Wissen und Training trotz verfeinerter Technik wichtiger denn je

Menschlichkeit und technisch geprägte Medizin scheinen sich auf dne ersten Blick auszuschließen. Was für die intensivmedizinische Versorgung am Lebensende durchaus gelten mag, trifft für die Chirurgie nicht zu....
Kleinere Schnitte, bessere Zugangswege, Navigationshilfen, Lasertechniken und Robotik ...haben die Grenzen der Chirurgie immer weiter gesteckt und vielen Kranken zu einem menschenwürdigeren Leben verholfen. ...
Anders als Arzneimittel durchlaufen chirurgische Innovationen kein Genehmigungsverfahren. Es muss also nicht gezeigt werden, dass sie besser oder sicherer sind als andere Verfahren.

Ein anderes Risiko für Patienten stellen schlechte Anatomiekenntnisse in der Unfallchirurgie dar (laut Hartmut Siebert, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie):
In Deutschland werden Lehrstühle für Anatomie zunehmend mit Zellbiologen besetzt. Heute sind viele Ordinarien Biologen und keine Mediziner. Die Vermittlung der makroskopischen und topographischen Anatomie gerät dadurch immer mehr in den Hintergrund. ...
Wie fatal schlechte Anatomiekenntnisse für ein operatives Fach sind, machte Siebert an der Situation im Schockraum deutlich. Dort gelte: "Treat first, what kills first." Dafür müsse der behandelnde Chirurg aber in der Lage sein, die Verletzungen des Unfallopfers zu gewichten. Ohne genaue Kenntnisse der Anatomie sie das kaum möglich....
Über die Verwendung von Simulatoren in der Chirurgie sprach Richard Satava vom University of Washington Medical Center in Seattle. In den Vereinigten Staaten darf kein Chirurg diese Facharztbezeichnung führen, ohne ausreichend lange am Simulator trainiert zu haben. Auch die Kliniken sind verpflichtet, laufend Weiterbildungen am Simulator anzubieten....
Untersuchungen hätten gezeigt, dass weniger Fehler gemacht würden, wenn die Chirurgen unmittelbar vor dem Eingriff eine fünfzehnminütige Aufwärmphase am Simulator absolvieren würden. Die Ärzte seien dann von Anfang an konzentrierter, sagte Satava. Am Simulator lässt sich offensichtlich auch gut erkennen, welcher Student für ein operatives Fach geeignet ist. Einigen fehlt es an der nötigen Fingerfertigkeit oder der richtigen Koordination zwischen den Händen und den Augen. Diesen Studenten kann man von Anfang an nur zu einer anderen Spezialisierung raten.
Allerdings bestehen derzeit noch zwei Schwierigkeiten. So kann am Simulator noch kein haptisches Erleben vermittelt werden. Wie sich ein Gewebe anfühlt, merkt man nur im Operationssaal und nicht am Computer. Außerdem fehlt es an unterschiedlichen anatomischen Modellen. Es reicht nicht, nur an jungen und gesunden Körpern zu trainieren, wenn man im Alltag vor allem alte und multimorbide Patienten operieren muss. In Deutschland wird derzeit noch kaum mit Simulatoren gearbeitet.

(Quelle: FAZ, 06.05.09)

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